Der Morgendunst hängt schwer über dem Blätterdach des Amazonas. Wassertropfen perlen von sattgrünen Blättern ab, Kolibris schwirren von Blüte zu Blüte, Affen turnen waghalsig durch die Baumkronen, und aus der Ferne plätschert ein Wasserfall über moosbewachsene Felsen. Eine üppige, vibrierende Welt voller Leben – und gleichzeitig ein Paradies in akuter Gefahr. Denn nur wenige Kilometer weiter verdrängt das Heulen der Kettensägen die Melodie dieser vielfältigen Natur. Jahrhundertealte Baumriesen stürzen mit donnerndem Krachen zu Boden, und zurück bleibt eine kahle, rotbraune Schneise, dort, wo zuvor unzählige Arten ihr Zuhause hatten.
Nicht unser Problem? Oh doch!
Die Schweiz spielt im weltweiten Kampf gegen Entwaldung eine wichtigere Rolle als man denkt. Zwar gibt es hier keine Tropenwälder, doch unsere Handelsbeziehungen, unser Konsum und unsere Gesetzgebung beeinflussen direkt, wie viel von ihnen weltweit erhalten bleibt. Doch was unternimmt die Schweiz eigentlich bisher für ihren Schutz?
Verfassungs- und Gesetzesgrundlagen
Die Bundesverfassung verpflichtet die Schweiz zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen (Art. 2, Art. 74 BV). Zudem wurde 2022 die Holzhandelsverordnung [1] eingeführt: Zum ersten Mal gelten verbindliche Sorgfaltspflichten, damit kein illegal geschlagenes Holz mehr auf dem Schweizer Markt landet. Ebenfalls ein Fortschritt: Die Deklarationspflicht für Holzprodukte [2], die Konsument:innen Transparenz über Herkunft und Art des Holzes gibt.
Die Schweiz ist darüber hinaus Teil wichtiger internationaler globaler Abkommen: Sie hat u.a. die Biodiversitätskonvention [3], das Pariser Klimaabkommens [4] und das Kunming-Montreal-Abkommen (2022) [5] unterzeichnet sowie CITES [6], eine Handelskonvention mit dem Ziel, die Tier- und Pflanzenpopulation unserer Welt nachhaltig zu nutzen und zu erhalten.
In Bundesbern entscheidet sich das Engagement der Schweiz für den Regenwaldschutz. (© Micael Hintze)
Handelspolitik, Klimaabkommen & Finanzinstrumente
2025 hat die Schweiz mit den Mercosur-Staaten ein Freihandelsabkommen vereinbart. Da der vollständige Vertragstext bislang nicht öffentlich zugänglich ist, lässt sich dessen Inhalt noch nicht abschliessend beurteilen. Klar ist jedoch, dass die Risiken beträchtlich sind. NGOs wie Public Eye fürchten etwa, dass das Abkommen die Klimakrise verschärfen könnte, weil zusätzliche Fleisch- und Agrarimporte den Druck auf den Amazonas und andere sensible Ökosysteme erhöhen. Auch der Schutz der Menschenrechte, insbesondere jener indigenen Gemeinschaften, gilt als unzureichend ausgestaltet. Zudem könnte vor allem die industrielle Landwirtschaft profitieren, während kleinbäuerliche Betriebe weiter an Einfluss verlören. [7]
Gleichzeitig werden auf internationaler Ebene neue Modelle diskutiert, wie Waldschutz finanziert und gesteuert werden soll. An der COP30 stellte Brasilien ein neues Finanzinstrument vor: den Tropical Forest Forever Facility (TFFF), einen milliardenschweren Fonds, der Staaten für den Erhalt ihrer Wälder belohnen soll. Auch die Schweiz prüft eine Beteiligung. Kritiker:innen bemängeln die Umwandlung von Regenwäldern in ein Finanzprodukt und warnen, dass solche Anreizsysteme allein nicht ausreichen, da Transparenz, wirksame Kontrolle und der Schutz indigener Rechte nicht gewährleistet werden können. [8]
Positive Entwicklungen bei Soja
Während auf politischer Ebene noch um geeignete Steuerungs- und Finanzierungsmechanismen gerungen wird, zeigen sich in einzelnen Sektoren bereits konkrete Fortschritte. Bei Soja, einem Haupttreiber der Entwaldung, stammt ein grosser Teil des direkt importierten Futtermittels mittlerweile aus Europa und aus zertifizierten, gentechfreien Lieferketten. [9]
Problematisch bleiben weiterhin Fleischimporte aus dem Ausland, bei denen nicht nachvollzogen werden kann, aus welchen Regionen die dafür eingesetzten Futtermittel stammen. Rund ein Fünftel des in der Schweiz verfügbaren Fleisches wird importiert – und damit auch immer noch ein Teil des globalen Entwaldungsrisikos. [10]
Soja stammt mittlerweile vorwiegend aus europäischem Anbau. (© Soja Netzwerk Schweiz)
Warum es Organisationen wie GREEN BOOTS braucht
All diese politischen und wirtschaftlichen Instrumente und Anreize sind wichtig, denn die Ursachen der Entwaldung liegen in globalen Lieferketten, komplexen Handelsstrukturen und Konsummustern, die für Einzelpersonen kaum durchschaubar sind. Doch wirksam werden sie nur, wenn sie von zivilgesellschaftlichem Engagement, Aufklärungsarbeit und insbesondere von lokalen Organisationen begleitet werden.
Die Stärkung lokaler Akteur:innen ist entscheidend, denn sie wirken dort, wo globale Ansätze oft nicht greifen: direkt in den Gemeinden, die tagtäglich mit den Folgen von Entwaldung leben. GREEN BOOTS unterstützt diese Arbeit durch gezielte Mitfinanzierung. Denn wir wissen aus Forschung und Praxis: Indigene Gemeinschaften gehören seit Generationen zu den verlässlichsten und wirkungsvollsten Hüter:innen der Wälder. Wenn wir ihre Rechte stärken und sie schützen, schützen wir auch die Regenwälder unserer Erde.
Wie auch du etwas zum Schutz unserer Regenwälder beitragen kannst, erfährst du hier: https://www.green-boots.ch/was-du-tun-kannst.html
Autorin: Charlotte Brekeller, Vorstandsmitglied
Literaturverzeichnis
[1] https://www.lignum.ch/leistungen/beratung/schweizer-holzhandelsverordnung/ aufgerufen am 11.12.2025
[2] https://www.konsum.admin.ch/bfk/de/home/holzdeklaration/holzdeklarationspflicht.html aufgerufen am 11.12.2025
[3] https://naturalsciences.ch/biodiversity_in_switzerland/implementation_in_switzerland aufgerufen am 11.12.2025
[4] https://www.bafu.admin.ch/de/bilaterale-klimavereinbarungen aufgerufen am 11.12.2025
[5] https://scnat.ch/de/uuid/i/544e9068-01a0-5b4e-99db-7f41d1bf934c-Bedeutung_des_Globalen_Biodiversit%C3%A4tsrahmens_von_Kunming-Montreal_f%C3%BCr_die_Schweiz aufgerufen am 11.12.2025
[6] https://www.blv.admin.ch/blv/de/home/das-blv/kooperationen/internationale-institutionen/cites.html aufgerufen am 11.12.2025
[7] https://www.publiceye.ch/de/themen/handelspolitik/bilaterale-handelspolitik/mercosur aufgerufen am 11.12.2025
[8] https://www.nzz.ch/wissenschaft/brasilien-will-den-schutz-des-regenwalds-zum-geschaeft-machen-ld.1911924 aufgerufen am 11.12.2025
[9] https://www.sojanetzwerk.ch/ueber-uns/#p-ziele-und-erfolge aufgerufen am 11.12.2025
[10] https://www.proviande.ch/de/fleischangebot-im-jahr-2024-gestiegen-inlandanteil-gesunken aufgerufen am 11.12.2025